© Wade Lambert / Kapstadt, South Africa
Von Alice Blohmann | 20. Januar 2019
«Von Ihnen lass ich mir gar nichts sagen!»

Digitalisierung, demografischer Wandel und ein beschleunigtes Arbeitsleben stellen die Hierarchie in Teams auf den Kopf: Chefs oder Chefinnen sind oft (deutlich) jünger als ihre zu führenden Mitarbeitenden. Eine menschlich wie wirtschaftlich ungute Situation. Die einen lassen sich nichts sagen und fühlen sich übergangen, die anderen sind gestresst und fühlen sich nicht akzeptiert. Unternehmerisch nicht grade eine Win-win-Situation, denn Wut und Angst stören die Leistung empfindlich. Ein Dilemma.

Verkehrte Welt: Jung führt Alt.

Nachkriegsgeneration, Babyboomer, Generation X, Y und Z – fünf Generationen sind es, die in vielen Unternehmen möglichst harmonisch koordiniert werden müssen. Fünf Mal unterschiedliche Fähigkeiten, Ansprüche, Wünsche. Und fünf Mal unterschiedliche Vorstellungen davon, was gute Führung ausmacht und bedeutet. Denkt man. Repräsentative Befragungen zeigen indes, dass die Generationen Babyboomer, X + Y in Bezug auf Führung eine gemeinsame Schnittmenge haben. Doch warum klappt es trotzdem nicht?

Evolutionsbiologisch betrachtet ist die Konstellation «Jung führt Alt» verkehrte Welt. Dies zeigt auch im Ergebnis eine großangelegte Studie, der zufolge zwei Drittel der befragten Arbeitnehmer lieber von jemandem geführt und angeleitet werden, der älter ist als sie selbst. Für den Arbeitsalltag bedeutet das zweierlei: die jungen Führungskräfte werden nicht akzeptiert, und potentiellen jungen Führungskräften fehlt der Mut und die Lust, sich dieser Herausforderung zu stellen. Der Herausforderung, sich gegen ältere (und mitunter fachlich erfahrenere) Mitarbeitende durchsetzen zu wollen und einen gemeinsamen Weg der Zusammenarbeit zu finden. Tatsächlich braucht es ein hohes Maß an sozialer Kompetenz, um Mitarbeitenden, die möglicherweise älter als die eigenen Eltern sind, wertschätzend und auf Augenhöhe zu begegnen.

52 Jahre alt sind Führungskräfte in Deutschland, im Schnitt, Tendenz sinkend. Und zwar schneller, als dem ein oder anderen Mitarbeitenden lieb ist. Nur wenige Unternehmen scheinen sich bei der (Neu)Besetzung von Führungspositionen im unteren bis mittleren Kader auf 40plus einlassen zu wollen – der künftige Weg ist also vorgegeben.

Bei der Führung (fast) nichts Neues

Gibt es eine Lösung? Fakt ist, dass dieses Phänomen nicht neu ist. Schon vor 25 Jahren gab es junge Führungskräfte, die sich einer Mannschaft gegenüber sahen, die doppelt so alt war wie sie selbst. Der Unterschied zu früher ist lediglich der, dass die Anzahl der jungen Führungskräfte heutzutage viel größer ist. Fakt ist auch, dass für junge Führungskräfte genau das gilt, was heutzutage für alle Führungskräfte gilt (d. h. gelten sollte): Eine einstudierte Chef-Show hilft auf Dauer nie. Es geht um Vertrauen, Wertschätzung, Akzeptanz, Authentizität, Motivation und Respekt. Auch und gerade in der Zukunft.

[ergänzende Zusammenfassung von: «Hilfe – meine Mitarbeiter sind älter als ich», Wirtschaftswoche, 12.09.2018]

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